Klimawandel zerstört Vielfalt auch in Bonn - Leiter der Biostation spricht Klartext
Der Biologe Christian Chmela fordert das Ende der Versiegelung, weniger Autos, weniger Konsum und mehr Druck, damit die Natur eine Chance bekommt.
Den Vortrag: "Vorfahrt für Vielfalt und Klimaschutz“ auf vimeo schauen (15 Min.)
Christian Chmela kennt die Region Bonn und Rhein/Erft wie seine Westentasche. Kaum jemand weiß besser Bescheid über den Zustand der biologischen Vielfalt als der Geschäftsführer und Mitgründer der Biostation Bonn/Rhein-Erft e.V. Die Biostationen sorgen mit ihrer Arbeit für mehr Vielfalt und Schutz der Natur in der Region. Und sie beobachten ganz genau, wie sie sich entwickelt.
Chmela erlebt, dass täglich wertvolle Böden und Freiflächen für Wohn- und Gewerbegebiete verlorengehen. Er macht klar: Das ist keine „Investition für die Zukunft“, im Gegenteil. Versiegelung von Freiflächen gefährdet unsere Zukunft. Seine Botschaft ist deutlich: So geht es nicht weiter – denn der Klimawandel lässt sich jetzt schon an vielen Zeigerarten erkennen!
Es braucht mehr Druck, andere Prioritäten und eine Aufstockung der Etats, wenn die Natur noch eine Chance bekommen soll. Vor allem muss Naturschutz verbindlich werden, denn es ist alles noch viel zu freiwillig.
Wir verursachen letztlich einen Kollaps im System oder arbeiten darauf zu.
Biologische Vielfalt kann bis zu einem gewissen Grad sogar Klimafolgen abpuffern, erklärt Chmela. Eine vielfältige Wiese hält dem Klimawandel besser Stand als hochgedüngte Wiesen. Denn die Durchwurzelungstiefe ist größer. Das födert die Humusbildung und die Verfügbarkeit von Wasser.
Mit Blick auf die Zukunft ist sein Appell: Alle Freiflächen erhalten und so viel versiegelte Fläche wie möglich wieder entsiegeln. Mehr dazu im Mitschnitt:
Kurzvortrag von Christian Chmela auf vimeo schauen (15 Min.)
Diplom-Biologe Christian Chmela ist Leiter und Geschäftsführer der Biologischen Station Bonn/Rhein-Erft e.V. Der Vortrag wurde aufgezeichnet auf dem 4. Bonn4Future-Klimaforum am 9. September 2022 im Handlungsfeld „Natur und CO2-Senke“. Seine wichtigsten Gedanken und Forderungen hat er für uns auf den Punkt gebracht.
Was sind die wichtigsten Ansatzpunkte für eine klimaneutrale und grüne Stadt?
- Erhalt aller Freiflächen
- Möglichst viel Entsiegelung (z. B. über Förderprogramme) und keine neue Versiegelung
- Umdenken in der Bebauung: platzsparender und energiesparender
- Alle Maßnahmen, die das Wassermanagement verbessern, Stichwort Schwammstadt
- Städtische Verkehrswende: weg vom Individualverkehr mit dem Auto, hin zum ÖPNV
Was muss passieren, damit sich die guten Projekte vervielfältigen können, damit wir mehr davon haben und schneller werden?
- Die Etats müssen aufgestockt oder umverteilt werden.
- Die Prioritäten müssen anders gesetzt werden.
- Natur- und Klimaschutz müssen ein wesentlich stärkeres Gewicht bekommen bzw. zwingend berücksichtigt werden, auch bei Genehmigungen.
- Es ist noch viel zu viel freiwillig.
- Einige Änderungen brauchen mehr Druck, damit sie auf größerer Fläche umgesetzt werden.
Was sind die wichtigsten Ziele, die wir erreichen müssen?
- Verbindlichkeit für die verschiedenen Maßnahmen schaffen!
- Unser eigenes Konsumverhalten ändern!
Die Bonn4Future-Klimaforen
Ende 2019 fiel der Ratsbeschluss, dass Bonn bis 2035 klimaneutral werden soll. Deswegen hat der gemeinnützige Verein Bonn im Wandel e. V. und ein großer zivilgesellschaftlicher Unterstützerkreis 2020 das Beteiligungsverfahren „Bonn4Future – Wir fürs Klima” initiiert, das bisher umfangreichste Mitwirkungsverfahren der Stadt. Es wurde von Bonn im Wandel beantragt und entwickelt und dann in Kooperation und mit Förderung der Bundesstadt Bonn durchgeführt. Die Verwaltung hat das Verfahren von Beginn an in besonderer Weise unterstützt.
In vier großen Klimaforen haben über 320 zufällig geloste Bürger:innen mit Unterstützung von Expert:innen den „Klima-Aktionsplan der Bürger:innen” erarbeitet.