Kooperationspartner:innen Praxisseminar Geminwohl-Ökonomie

© Alanus Hochschule

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Drei Bornheimer Unternehmen auf dem Weg zur Gemeinwohl-Bilanz

ein besonderes Kooperationsprojekt

Die Pionier-Unternehmen wollen mehr als Gewinne maximieren. Sie wollen wissen, was sie zum Gemeinwohl beitragen – tatkräftig unterstützt durch Studierende der Alanus Hochschule

Bornheimer Unternehmen lassen sich unter die Lupe nehmen

Der Biohof Apfelbacher, die Backmanufaktur Nelles und die Inhaber:innen von Dalitz Immobilien möchten im Sommer 2023 eine Gemeinwohl-Bilanz vorlegen. Dafür haben sie ihre Abläufe durch Studierende mit der „Gemeinwohl-Brille“ durchleuchten und bewerten lassen. Für die Unternehmen ein spannender Erkenntnisprozess.

Die Zusammenarbeit mit den Studierenden war eine echte Bereicherung“, so Elmar und Gabi Dalitz laut Pressemeldung der Hochschule. Martin Koch vom Biohof Apfelbacher ist dankbar für neue Einblicke: Es sei sehr wertvoll gewesen, den eigenen Betrieb einmal aus einer anderen Perspektive zu betrachten und dadurch eingefahrene Wege zu verlassen. Und Bäckermeister Frank Nelles resümiert: „Der Bilanzierungs-Prozess ist wie ein Saunagang. Und in der Sauna macht man sich erstmal nackt. Aufgussmeister waren die Studierenden. Die haben es ordentlich dampfen lassen, indem sie unsere ganz internen Prozesse analysiert haben. Aber, wie in der Sauna, fühlt man sich anschließend gut und erfrischt. Jetzt machen wir uns weiter auf den Weg. Nächster Schritt: Wie nehmen wir noch mehr Mitarbeitende mit?“

Die Gemeinwohl-Bilanz ist ein erprobtes Werkzeug, um Unternehmen systematisch auf mehr Nachhaltigkeit auszurichten und fördert das gute Leben der Menschen in unserer Region“, erklärt Bornheims Bürgermeister Christoph Becker. „Für die Unternehmen und unsere Studierenden ist dies eine Win-win-Situation“, ergänzt Hochschulrektor Hans-Joachim Pieper. „Die Gemeinwohl-Bilanz zeigt den Unternehmen nicht nur, was bereits gut läuft, sondern motiviert sie auch, weiter an der Erreichung ihrer Nachhaltigkeitsziele zu arbeiten. Das macht sie nicht zuletzt auch als Arbeitgeber attraktiv und fördert ihr positives Image bei Kund:innen und Partner:innen, während die Studierenden die Unternehmenspraxis kennenlernen und im praktischen Tun neue Horizonte gewinnen.“

Möglich wurde das Projekt Praxisseminar Gemeinwohl-Ökonomie durch die Zusammenarbeit mehrerer Institutionen: Alanus Hochschule, Wirtschaftsförderungs- und Entwicklungsgesellschaft Bornheim, Stadt Bornheim, Unternehmensnetzwerk Bornheimer Unternehmerkreis und Stiftung Gemeinwohl-Ökonomie NRW. Allein diese Kooperation ist schon eine Pionierleistung.

Die Leitung des Seminars hatten die erfahrenen Gemeinwohl-Berater:innen Anne Berg und Dr. Christoph Harrach übernommen. Paul Corrales Braun von der Wirtschaftsförderungs- und Entwicklungsgesellschaft Bornheim betont, wie wichtig eine gute Prozessbegleitung für das Gelingen solcher Projekte ist: „Die beiden haben die Studierenden durchgehend professionell unterstützt und haben einen sehr großen Anteil daran, dass der Prozess bis hierher so gut gelaufen ist.“

Der erste Meilenstein ist geschafft

Mit dem Abschluss des Praxisseminars Ende Januar ist für die drei Unternehmen ein Zwischenziel erreicht; hier endet die Zusammenarbeit mit den Alanus-Studierenden. Anne Berg und Christoph Harrach werden die Betriebe bei der Analyse und Bewertung der verschiedenen Handlungsfelder weiter begleiten. Der nächste Meilenstein ist auch schon in Sicht: In einem Gruppenprozess werden alle drei Unternehmen extern evaluiert. Voraussichtlich im Juni 2023 halten sie dann ihre Gemeinwohl-Bilanz in den Händen.

Drei Fragen an Anne Berg, Beraterin für nachhaltiges Wirtschaft

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Anne Berg
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Anne Berg

 

Was ist das Besondere an dem Projekt?

Der Impuls für dieses Projekt kam auf, als die Wirtschaftsförderungs- und Entwicklungsgesellschaft (WFG) Bornheim ihre eigene Gemeinwohlbilanz erstellt hat. Sie war damit die erste Wirtschaftsförderung in Deutschland. Wir haben von Anfang an mit möglichst vielfältigen Beteiligten zusammengearbeitet, um die Gemeinwohlorientierung in der Region zu fördern. Unser Motto war „groß denken und klein anfangen". Es freut mich, dass daraus so eine wertvolle Kooperation mit der Alanus Hochschule, der Stadt Bornheim, dem Bornheimer Unternehmerkreis und der Stiftung Gemeinwohlökonomie NRW entstanden ist.

Was war für euch überraschend?

Die Dynamik, die aus der Vielfalt der Beteiligten entsteht, ist voller Überraschungen. Gemeinwohlorientierung lässt sich so unterschiedlich verstehen und leben, dass es einen offenen, wohlwollenden und konstruktiven Umgang untereinander braucht. Dies ist uns überraschend gut gelungen. Wir haben viel voneinander und miteinander gelernt.

Wie geht es jetzt weiter?

Das bleibt stets spannend. Erstmal gilt es, die drei Bornheimer Unternehmen gut zum Abschluss ihrer Gemeinwohl-Bilanzierung zu begleiten. Gleichzeitig sind wir dabei, das Kooperationsprojekt zu verstetigen, so dass wir gut an den positiven Erfahrungen anknüpfen können.

Gemeinwohlbilanz wozu?

Unsere Wirtschaftsunternehmen sind eine wichtige Antriebskraft der Gesellschaft. Konkurrenzdruck und Gewinnmaximierung haben jedoch dazu geführt, dass wir unsere ökologischen Lebensgrundlagen und damit auch die Lebenschancen heutiger und zukünftiger Generationen gefährden.

Das Modell der Gemeinwohlökonomie (GWÖ) ist als Alternative und Erweiterung zu diesem traditionellen Modell konzipiert. Sie möchte die Wirtschaft wieder in den Dienst der Menschen und unserer demokratischer Grundwerte stellen. Unternehmen sollen faire Arbeits- und Handelsbeziehungen aufbauen sowie mit den endlichen Ressourcen und der Umwelt nachhaltig umgehen.

Wer ein Unternehmen führt, ist gesetzlich verpflichtet, eine Finanzbilanz zu erstellen. Sie macht transparent, wie profitabel zum Beispiel verschiedene Bereiche des Unternehmens sind. Betrachtet wird allein die ökonomische Perspektive. Wer darüber hinaus herausfinden und zeigen möchte, welchen Einfluss das eigene unternehmerische Handeln auf das Gemeinwohl hat, kann freiwillig zusätzlich eine Gemeinwohl-Bilanz erstellen – mit oder ohne Begleitung von GWÖ-Berater:innen.

Diese noch relativ junge Art der Bilanz beleuchtet eine neue Perspektive: Das Unternehmen kann mit Hilfe zahlreicher Indikatoren prüfen, wie es in Bezug auf soziale und ökologische Werte abschneidet. Basis ist ein standardisiertes Schema mit folgenden Kategorien:

  • Menschenwürde
  • Solidarität und Gerechtigkeit
  • Ökologische Nachhaltigkeit
  • Transparenz und Mitentscheidung

Wichtige Fragen sind beispielsweise: Wird die Menschenwürde entlang der Lieferkette gewahrt? Wie fair sind die Arbeitsverträge? Wie sieht es aus mit innerbetrieblichen Mitgestaltungsmöglichkeiten? Welche ökologischen Auswirkungen haben Nutzung und Entsorgung der Produkte?

Mit Blick auf die Eigentümer:innen und Finanzpartner:innen des untersuchten Unternehmens werden auch Finanzen bewertet. Geld ist aber kein Selbstzweck, sondern soll dazu genutzt werden, so gut wie möglich zum Gemeinwohl beizutragen.

Die Kooperationspartner des Projekts:

  • An dem hier vorgestellten Projekt waren die Fachbereiche Wirtschaft und Philosophieder Alanus Hochschule beteiligt.

  • Die Wirtschaftsförderungs- und Entwicklungsgesellschaft (WFG) Bornheim machte den Anfang durch die Erstellung einer eigenen GWÖ-Bilanz. Ziel der WFG ist, die ansässigen Unternehmen bei der Transformation zu mehr Nachhaltigkeit und Gemeinwohl-Orientierung zu unterstützen.

  • Die Wirtschaftsförderung und der Bornheimer Bürgermeister Christoph Becker begleiten das Projekt von Beginn an. Strategisches Ziel ist, Bornheim zu einer Gemeinwohl-orientierten Kommune zu entwickeln.

  • Der Bornheimer Unternehmer-Kreis (BUK) ist ein offenes Netzwerk für und von Unternehmerinnen und Unternehmern. Zwei der drei teilnehmenden Unternehmen sind Mitglied im BUK und möchten nun als Multiplikatoren die GWÖ unter den Bornheimer Unternehmer:innen weiter verbreiten.

Foto, von links: Gemeinwohl-Berater Christoph Harrach (Stiftung Gemeinwohl-Ökonomie NRW), Elmar und Gabi Dalitz, Joachim Strauß (WFG Bornheim), Hochschulrektor Hans-Joachim Pieper, Sandra Nelles, Paul Corrales (WFG Bornheim), Frank Nelles, Martin Koch und Franz Apfelbacher, Klaus Zimmermann (Bornheimer Unternehmerkreis, dhpg), Gemeinwohl-Beraterin Anne Berg, Sebastian Römer (Wirtschaftsförderung Bornheim) © Alanus Hochschule

Lesetipp

Im Rahmen des großen Mitwirkungsverfahrens „Bonn4Future – Wir fürs Klima" haben zufällig geloste Bonner:innen an der Frage gearbeitet, welche Rolle die Wirtschaft künftig in der klimaneutralen Stadt spielen soll. In mehreren Klima-Aktionsplänen haben sie Empfehlungen entwickelt, wie die Stadt und die Wirtschaft den Weg in Richtung Gemeinwohl einschlagen können. Hier geht es zu den Empfehlungen der Bürger:innen im Themenfeld 4, Wirtschaft und Konsum.

 Text: Sonja Corsten, Dr. Gesa Maschkowski

Globale Nachhaltigkeitsziele – Sustainable Development Goals (SDG)

Das Ausrichten unternehmerischen Handelns an Zielen der Gemeinwohl-Ökonomie leistet einen Beitrag zu mindestens drei SDGs:

SDG 8: Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum: Dauerhaftes, breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern

SDG 12: Nachhaltige/r Konsum und Produktion: Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen

SDG 10: Weniger Ungleichheiten: Ungleichheit innerhalb von und zwischen Staaten verringern

Kleidung hängt an einer Stange

Wirtschaft

Hier erzählen wir die Geschichte der nachhaltigen und klimafreundlichen Wirtschaft in und um Bonn

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